„Melancholie bedeutet Freude am Leiden. Ich fand dieses Zitat auf Anhieb passend, man kann den Begriff nicht eindeutig einer positiven oder negativen Bewertung unterwerfen. Sie schwingt in einem Zwischenbereich, der zu meiner Malerei passt“, erklärt der Künstler Max Diel. Mehr seiner Werke in der GOODLIFE – WOHNDESIGN Kunstedition >>>
Eigenen Angaben zufolge bearbeitet der Maler Max Diel mit Wohn- und Atelierstandort Berlin keine Themen. „Es sind Momentaufnahmen. Heute morgen hat mich ein Freund am Telefon gefragt, inwieweit Corona meine Arbeit prägt. Bewusst nicht. Ich gehe davon aus, dass die interessanten Inhalte in der Kunst die unbewussten sind – sie stehlen sich durchs Hintertürchen ein“, erklärt Diel, „etwa eine Lampe, die ihren Schatten an die Wand wirft oder ein unbesetzter Stuhl.
Daraus kann man schon eine gewisse Einsamkeit ablesen, was bei meinen Bildern immer der Fall ist.“ Oft wirken die Figuren darin verloren. Melancholisch. Beides übt auf den Betrachter eine besondere Anziehung aus. Die Farbpalette bewirkt ein Übriges. Man kommt von Diels Darstellungen, beispielsweise dem Porträt „The Devil Inside“ (2019), nicht wirklich los.
Der gebürtige Freiburger studierte an der Gerrit Rietveld Academie Amsterdam und an der Berliner Hochschule der Künste. Der Künstler schätzt Werke von Caspar David Friedrich und René Magritte, nennt Felix Vallotton als Inspirationsquelle, doch genauso Musik von Nina Simone, Jacques Brel, Anne Clark und „a-ha“ – oder die Stimmung in Alfred-Hitchcock-Filmen. „Ich mache da keinen Unterschied.
Das sind einfach Sachen, die sich einschleichen. Meistens ist ja auch eine gewisse Stimmung ausschlaggebend“, so Diel, den beim Malen eine Frage umtreibt: „Wann finde ich ein Bild gut? Du malst ein Bild und triffst Entscheidungen. Das fängt beim Motiv an. Wie stelle ich das Motiv dar? Das geht immer weiter. Irgendwann fängst du an zu malen und bist in einem Zwiegespräch. Und das dauert Stunden, Tage, und du triffst immer wieder Entscheidungen. Entscheidungen. Entscheidungen. Du kannst dich fragen, woran du sie festmachst.
Es gibt Künstler, die haben ein rationales Korsett – gerade in Deutschland ist es sehr beliebt, sich so verkopften Themen zu stellen. Ich habe das eben nicht. Für mich ist eher eine Stimmung ausschlaggebend. Daher ist es schon wichtig, welche Musik man hört und welche Filme man gerade gesehen hat.“
Die Emotionen werden häufig durch besondere Bildausschnitte getragen, die so radikal gewählt sein können wie bei der „U-Bahn Szene“. Ein Bild von ungeheurer Wucht. „Das Ausschnitthafte würde ich eher als fragmentarisch bezeichnen“, so Diel. „Diese Beziehung von Fragment und Gesamtwerk zieht sich von jeher durch meine Arbeit. Früher an der Akademie wurde ich dafür kritisiert, dass ich kein Thema habe, das ich »ausbeute«.
Das wollte ich noch nie. Ich bin immer davon ausgegangen, dass trotz Fragment eine Verbindung da ist.“ Das ist sie. Und möglicherweise liegt gerade in dieser Unvollständigkeit die Faszination, die Diels Momentaufnahmen hervorrufen. Sie sind unaufdringlich, weil still, und haben gleichzeitig eine wahnsinnig hohe emotionale Dichte.