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Architekt Maxime Bousquet

Für ein Galeristenpaar in Paris findet der Architekt Maxime Bousquet genau die richtige Balance aus Kunstbezug und einer Unbefangenheit gegenüber dem historischen Kontext, in dem dieser kontemporäre Wohnsitz am Ufer der Seine steht.

Im Herzen von Paris gibt es wenige Adressen, die ihn nicht reflektieren, den verführerischen Charme dieser einzigartigen Stadt. Der Quai de la Tournelle am nördlichen Rand des fünften Arrondissements aber setzt dem noch einen obendrauf – vergleichbar mit der zartesten aller Crème brûlées zum Abschluss eines hervorragenden Diners.

Einem süßen Traum, von dessen Realität man sich mit jedem Happen, jedem Tag aufs Neue vergewissern muss. Mehr Paris geht kaum. Direkt am Ufer der Seine gelegen, heilen ihm gegenüber auf der Île de la Cité derzeit die Wunden der vom Feuer zerstörten Notre-Dame. Vis-à-vis der Kathedrale hatte der französische Architekt Maxime Bousquet die Gelegenheit, eine Wohnung für ein befreundetes Galeristenpaar zu sanieren und umzugestalten.

Mit seinen 120 Quadratmetern Wohnfläche erstreckt sich das Apartment über zwei ursprünglich unabhängige Stockwerke: ein ehemaliges Atelier im Erdgeschoss und eine Wohneinheit im ersten Obergeschoss dieses Altbaus aus dem 17. Jahrhundert – typisch Rive Gauche, wie der südlich der Seine gelegene Teil der Stadt genannt wird. Fenster zur Straße fangen den kontinuierlichen großstädtischen Verkehrsstrom, den Blick auf den Fluss und schließlich die Rückseite von Notre-Dame ein. Soweit zur Toplage.

Vor dem Einzug waren drinnen jedoch einige umfangreiche Handgriffe nötig. „Im Zuge der Zusammenlegung mussten wir alles reorganisieren“, berichtet Maxime Bousquet. Im Erdgeschoss finden sich nun die luftige Wohnküche mit Zugang zu einem üppig begrünten Innenhof und das Esszimmer. Über einen Treppenaufgang erreicht man den privateren Bereich im ersten Obergeschoss, das Wohnzimmer, das Schlaf- und das Badezimmer.

„Unser Ziel war es, ein sehr komfortables Ambiente zu schaffen, in dem beide ihre Kunst- und ihre Büchersammlung unterbringen können“, so der Gestalter. Ohne dabei die Räume zu überfrachten. Wer also große Leinwände an den Wänden und Skulpturen auf Sockeln erwartet, irrt. Bousquet und die Eigentümer haben überwiegend Kleinformate gewählt und gewissenhaft in das Interieur integriert: den Kopf oberhalb des Sofas in der Küche etwa, eine Keramik des in Berlin lebenden Künstlers Robert Brambora.

Als Hintergrund dient ein warmer Sandton, der das einfallende Tageslicht in einem sanften Verlauf bricht. Das ikonische Sofa ist ein Original namens „ABCD“ aus dem Jahr 1960, gestaltet vom Franzosen Pierre Paulin, der einst für seine visionären Entwürfe bekannt geworden ist. Produziert wurde es von Artifort. Den Hocker davor hat Bousquet auf dem Pariser Antiquitätenmarkt Foire de Chatou erspäht. Und den runden Beistelltisch daneben fanden der Architekt und die Eigentümer der Wohnung während eines gemeinsamen Urlaubs in Südfrankreich.

„Die Suche nach Möbeln für meine Kunden ist immer ein Prozess, der mir viel Vergnügen bereitet. Ich bin andauernd dabei, auf Auktionen, Flohmärkten und sonst wo nach passenden Stücken Ausschau zu halten. Davon schicke ich dann Fotos an meine Kunden, und wir tauschen Ideen aus, diskutieren hin und her, bis wir eine Idee vom gewünschten Ergebnis haben.“

Zur Handschrift gehört bei Maxime Bousquet die intensive Einbindung handwerklicher Vielfalt. Deren Ausführung erfolgt ebenso präzise wie scheinbar mühelos. So beeindruckt die Küche mit einer kantigen Insel, Arbeitsfläche und Rückwand aus grobporigem Travertin sowie Schrankfronten aus patiniertem Edelstahl. Den Boden ließ der Architekt aus Gussbeton mit weißen Marmoreinschlüssen fertigen. Auch damit beweist Bousquet, wie verblüffend kontemporär ein so tradiertes Verfahren allein wegen einer kühnen Materialwahl wirken kann – ohne dabei den historischen Kontext zu verraten, in dem es steht. Im Esszimmer gelingt genau das im Zusammenspiel mit einer schlichten Gewölbedecke und einer rustikalen Tafel und Stühlen des finnischen Designers Olavi Hanninen aus den Sechzigern.

Fürs Wohnzimmer entwarf der Architekt einen Kamin aus schwarzem Marmor mit einer Facettierung, die genau auf die Maße der schmalen Bodendielen abgestimmt ist. Mächtige offengelegte Deckenbalken lassen an ein altes Landhaus denken. Nebenan im Schlafzimmer schuf Bousquet eine Wand aus Leinenstoff, in den ein zarter Goldfaden eingewebt ist. Schmale Eichenprofile gliedern die Fläche. Und auf einem Sims oberhalb des Kopfteils wacht ein Porträt von François Eberl, einem Zeitgenossen und Freund von Picasso, über die Schlafenden.

Bousquet, ein Mann der milden Farbtöne? Keineswegs! Wer sich morgens auf den Weg ins Bad macht, wird spätestens dort von einem intensiven Rot geweckt. Der kubische Waschtisch ist eine Maßanfertigung aus „Rouge du Languedoc“-Marmor. Und auch in dieser Szenerie ist Kunst vertreten. Schon fast prominent – als Ersatz für das fehlende Fenster. Der Architekt und die Eigentümer haben ein Basrelief aus Glas des Pariser Künstlers Romain Sarrot gewählt, das aus einer Wandnische regelrecht hervorzuquellen scheint. Sollte die Verortung hier kurz abhandenkommen, hilft ein anschließender Blick aus dem Wohnzimmerfenster: Nein, es war tatsächlich kein Traum.

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Historischer Kontext im Einklang mit kompromissloser Kontemporanität: In der Küche bringt Maxime Bousquet Travertin mit patiniertem Edelstahl zusammen. Der Kronleuchter ist ein in Gips gehülltes Vintage-Stück, das er bei Paul Bert Serpette in Paris fand.
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Im Esszimmer versammelt Bousquet Schätze aus dem 20. Jahrhundert. Tisch und Stühle sind ein Entwurf von Olavi Hanninen von 1960 und stammen aus einer Edition von Mikko Nupponen. Die Leinwand stammt von Eliza Douglas, die Grafik von Marc Hundley. Rechts im Bild eine Arbeit von Romain Sarrot.
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Was für ein Salon! Die Vintage-Sofas aus den Sixties entdeckte der Designer bei Bert Serpette. Auch die Stehleuchte aus den Seventies lieferte der Shop. Der Coffee Table ist eine Edition aus dem Muséo della Merda von 2016. Auf dem Tisch eine Vase von Roger Capron aus der Midcentury-Moderne. An der Wand Malerei von Issy Wood sowie eine Skulptur von Hamish Pearch.
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Ganz anders der Blick auf die Bibliothek mit einem Sessel aus den Forties, den Bousquet in Antwerpen entdeckte. Der Bar-Schrank ist von Aldo Tura und stammt aus dem Laden von Paul Bert Serpette. Die Malerei darüber stammt von Tanja Nis-Hansen.
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Detail aus dem Schlafzimmer. André Cazenave gestaltete die Wandappliken um 1970. Besonders gelungen sind die mit Leinenstoff bespannten Holzpaneele

maximebousquet.com