Polonio: Boutique am Meer

Polonio: Boutique am Meer

Einen problematischen Raum in ein intimes Ladengeschäft mit interessanten Ausblicken zu verwandeln – das junge Modelabel Polonio hat’s geschafft.

Joshua und Lucía sind Nomaden. Wo ihre kleine Tochter Amelie ist, fühlen sie sich zu Hause. Darum störte das Paar auch nicht, dass sie in der Corona-Pandemie zu dritt an der Costa Brava strandeten. Der abenteuerlustige Amerikaner und seine uruguayische Frau aus Montevideo eröffneten dort kurzerhand eine Boutique. Der Laden im Urlaubsort Cadaqués an der katalanischen Atlantikküste wurde zum ersten Domizil ihrer Bademode- und Ready-to-wear-Marke „Polonio“.

Neuer Flagship-Store im Zentrum von Ibiza Stadt

Mittlerweile ist das Label gewachsen und es wurde Zeit für einen Flagship-Store in prominenterer Lage. Die Wahl fiel auf Ibiza, genauer gesagt: auf die dortige Fußgängerzone Vara del Rey. Hier gab es ein Geschäft, das ihren Vorstellungen entsprach. Nur knapp 60 Quadratmeter groß, erstreckte es sich über drei Ebenen: das Erdgeschoss mit einem ursprünglich doppelt so hohen Bereich auf Straßenniveau, eine Fläche dahinter, drei Stufen tiefer, und ein Zwischengeschoss, das über eine Wendeltreppe im hinteren Teil des Ladens zugänglich war. Kurz gesagt: eine räumliche Herausforderung, die der Architekt Raúl Sánchez gerne annahm.

Sein Büro Raúl Sánchez Architects in Barcelona ist auf besondere Fälle spezialisiert. Es hat schon schwierige Altbauwohnungen, Zahnarztpraxen und ein Krematorium ausgestattet. Auch in die Sanierung des Ehrensaals am Deutschen Museum München ist Sánchez involviert. Er arbeitet viel im Bestand. Dabei kombiniert er Altes, Erhaltenswertes mit modernen, aufsehenerregenden Elementen wie einem goldenen Einbauschrank oder farbigen Kuben. Als Vorbilder nennt der Architekt Kollegen wie Carlo Scarpa und Frank Lloyd Wright – Persönlichkeiten, die mit ihrer kreativen Arbeit viel Neues geschaffen haben. Für Polonio ließ sich Sánchez von der Herkunft des Labels inspirieren.

Wie eine Bucht mit Wasser, Himmel und Felsen

Die Modemarke ist nach Cabo Polonio benannt, einem kleinen Fischer- und Badeort in Lucías Heimat Uruguay. Und sie trägt auch DNA der Costa Brava in sich, wo 2021 die erste Boutique entstand. „Das Ganze wirkt, als würde man eine Bucht von Cadaqués in den Raum stellen“, erklärt das Architektenteam. Am Boden: blauer, langfloriger Teppich, der unter den Schritten der Kunden Wellen zeichnet. Er symbolisiert das Wasser. Grauer Spritzmörtel an den Wänden steht für die Felsen. Und darüber: ein Himmel aus strukturierten Metallpaneelen, die ihre Umgebung, den blauen Boden und die präsentierte Kleidung widerspiegeln.

Das zentrale Möbelstück aus rostfreiem Stahl könnte ein Fischerboot sein, das in der Mitte vor Anker liegt. Und selbst die Umkleidekabinen in türkisfarbenem Stuckmarmor und Teppichen von gleicher Farbe lassen sich mit etwas Fantasie als unterirdische Höhlen im Meer deuten. Gemeinsam verbinden diese Elemente einen Raum mit verschiedenen Ebenen und vielen tragenden Elementen. Es entsteht eine regelmäßige Geometrie, die symmetrisch zum Eingang hin ausgerichtet ist. Gewissermaßen als Einladung für Passanten, die Welt von Joshua und Lucía zu entdecken.

Polonio: Boutique am Meer
Ein durchgängiger blauer Teppich verbindet die verschiedenen Niveaus der Boutique. Foto: Luis Asín
Polonio: Boutique am Meer
Die Umkleidekabinen mit türkisfarbenem Stuccolustro und Teppich erinnern an Unterwasserhöhlen. Foto: Luis Asín
Polonio: Boutique am Meer
Der Raum ist symmetrisch zum Eingang hin ausgerichtet. Foto: Luis Asín
Polonio: Boutique am Meer
Ein zentrales Edelstahl-Möbel dient als Empfangstresen und Kleiderständer. Foto: Luis Asín

thepolonio.com

raulsanchezarchitects.com