Der Londoner Modedesigner Paul Smith hat ein Foto von mir in der Hand und kommt auf uns zugesprungen, als wir seinen Shop in der Albermarle Street Nummer 9 in Mayfair betreten.
Was für ein unglaublicher Moment. Da ist erstmal der Paul: energiegeladen, witzig, offen und unglaublich liebenswert – er führt uns gleich in die untere Etage in sein Maßatelier, wo es ruhiger zugeht und wir uns besser unterhalten können. Männer von Welt lassen sich hier einen Anzug auf den Körper schneidern.
Doch auch Vintage-Fans und Design-Sammler kommen voll auf ihre Kosten. Antiquitäten, Highlights aus der Midcentury-Moderne und One-off-Pieces bekannter Ebenisten mischen sich mit Objekten eines Deutschen: Dieter Rams. Paul verehrt den Designer und Wegbereiter unserer Nachkriegsmoderne und präsentiert uns stolz ein Wandregal. Er widmete ihm sogar schon eine komplette Koje in seiner Boutique.
Die Begriffe Boutique, Laden oder Geschäft passen nicht wirklich. Selbst Concept Store trifft das, was der Modedesigner hier installiert hat, nur ansatzweise. Eigentlich ist der Ort ein Gesamtkunstwerk und so vielschichtig, dass man Zeit mitbringen sollte. Wen die Außenfassade schon geflasht hat, der traut in einem der Räume seinen Augen nicht. Die Wände sind komplett mit Dominosteinen verkleidet. In Weiß und Blau, nicht Schwarz – sensationell.
Überall hängt moderne Kunst und wir begeistern uns spontan für eine Zeichnung von William S. Burroughs. Doch Paul ist schon weiter, hat bereits eine knallblau lackierte Tür mit schwerem Bronzegriff und Messingverblendung geöffnet. Sie führt in einen kleinen Raum, der bis unter die Decke mit Grafiken geschmückt ist. In einem der benachbarten Räume steht ein Kaktus aus der Kollektion von Gufram. Statt grün ist dieser in Blau und Rosa gefasst, darunter hat der Brite seine neuen Duftkerzen gruppiert.
Wir stehen inzwischen vor einer Vitrine mit für Paul Smith typischen „Kleinlederwaren“, in der auch zwei Modelle seines „Defender“ zu entdecken sind, den Smith 2015 für Land Rover gestaltete. An diesem Design hat er nach wie vor große Freude.
Übrigens ist Paul jeden Samstag in seiner Galerie und öffnet gerade einem Ehepaar die Eingangstüre. „Is it you?“, fragt der Mann vollkommen entgeistert, und der Modemacher hat eine diebische Freude. „Who did you expect?“ – fragt er zurück. Wir müssen alle lachen. „Wenn ich samstags nach Hause komme, fragt mich meine Frau immer, wen ich an dem Tag kennengelernt habe, und ich erzähle ihr von meinen Begegnungen. Ich liebe das.“ Und wir lieben Dich, lieber Paul. Du bist ein echter Kracher. |sd