De Witt Dordrecht
Treffen wir uns auf einen Film, ein Essen oder einen Kaffee? Das traditionsreiche Kino im Herzen von Dordrecht ist kultureller Mittelpunkt der südholländischen Stadt.
Dordrecht, etwa eine halbe Autostunde von Rotterdam entfernt, war wohl die erste Stadt der Welt mit einem eigenen Farbfächer. Experten haben jahrelang Zeichnungen, Gemälde und Gebäude vor Ort inspiziert, um eine Palette von 55 historisch inspirierten Farbtönen zu entwickeln, die „Dordtse Kleuren“. Seit 2002 dienen sie dazu, ein harmonisches Stadtbild zu erhalten – und viele Farben finden sich nun im „De Witt“ wieder. Das traditionsreiche Kino im Herzen der Stadt, früher „The Movies“ genannt, wurde saniert, seine drei Säle um eine ganztägig geöffnete Brasserie erweitert.
Erst Kloster, dann Kino, jetzt Kochkunst
Die Innenarchitektur stammt von Studio Modijefsky in Amsterdam. Das Team um Gründerin Esther Stam bezog seine Inspiration aber nicht nur aus der offiziellen Farbpalette. Auch die Geschichte des Gebäudes floss in die Gestaltung ein. Das heutige Filmtheater diente früher als Kloster, Schule und Labor, weshalb viele Bauelemente dieser bewegten Vergangenheit ihre Reverenz erweisen.
Alle Bereiche der neuen Gastronomie sind durch Hängeleuchten in der Form von Kreuzgangbögen verbunden. Die Fliesen und Fenster in der offenen Küche, die von einer langen, zinnoberroten (Schul)Bank aus beobachtet werden kann, erinnern an die Zeit als Lehranstalt. Stabförmige Hängelampen aus Holz und Glas könnten einem Labor-Regal mit Reagenzgläsern entsprungen sein. An der Bar und überall sonst: opulente Samtvorhänge, die das Studio Modijefsky als „Ode an die darstellenden Künste“ verstanden wissen möchte. Am Ende ist gar der Bartresen selbst wie ein Vorhang geformt – mit großem, hölzernem Faltenwurf am Sockel.
Kulturelle Sensibilität und Stilbewusstsein
Man hätte das baufällige Kino in Dordrecht einfach modernisieren können, mit aktuellen Materialien und zeitgenössischem Schick. Es haben schließlich größere Umbauten stattgefunden. So erhielt das Haus etwa einen neuen Haupteingang, der von Lugten Malschaert Architecten entworfen wurde. Das Dordrechter Architekturbüro brach die Fassade auf, um alte Fenster freizulegen und Platz für neue zu schaffen. Mit dem Ergebnis, dass nun viel Tageslicht durch die Glasfassade ins Innere fällt.
Es spricht für die niederländischen Gestalter, dass sie trotzdem den Charakter des Gebäudes und seinen historischen Kontext bewahrt haben. Statt einfach alles „neu zu machen“, überführten sie das De Witt ebenso behutsam wie gekonnt in die heutige Zeit. Alles eine Frage der Kultur.