Grassi-Jubiläum: Im Sommer nach Leipzig

Grassi Museum Jubiläum: Im Sommer nach Leipzig

Das Grassi Museum für Angewandte Kunst ist 150 Jahre alt und feiert sein Jubiläum mit einem fulminanten Programm. Das kann nur eines heißen: hinfahren!

Dass Kunstgewerbe und Kunsthandwerk unser Leben bereichern, ist kein Geheimnis. Und kaum ein Ort verkörpert diese Eigenschaft so gut wie das Grassi-Museum für Angewandte Kunst in Leipzig. Als eines der zwei bedeutsamsten Häuser dieser Art in Deutschland zeigt es – neben Hamburg – die Vielfalt und Schönheit von Gestaltung im Alltag. Das gilt nicht nur für die ausgestellten Exponate, sondern auch für den Gebäudekomplex.

Zickiges Art déco und Neue Sachlichkeit

Im März 1927 zog das 1874 gegründete Kunstgewerbemuseum von seinem ursprünglichen Standort ins heutige Domizil am Johannisplatz um. Der Bau – 1925 bis 1929 im Stil des Art déco und der Neuen Sachlichkeit errichtet – beherbergt auch das Grassi Museum für Völkerkunde und das Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig. Er wurde aus dem Vermächtnis des Kaufmanns und Stifters Franz Dominic Grassi finanziert, der dem Museum seinen Namen gab.

Legendär: Die Pfeilerhalle mit ihren gezackten Mauervorsprüngen, geometrischen Lichtern und einer Farb-Orgie aus Rot, Gold und Blau, wie sie in dieser Form wohl nur das zickige Art déco hervorbringen konnte. Dazu passt die weithin sichtbare „Goldene Ananas“ auf dem Dach – ein extravagantes Gebilde aus Goldkupfer, das die ansonsten eher schlichte Architektur krönt. Auch die Fenster im Haupttreppenhaus lohnen einen Blick: Ihre 2011 rekonstruierte, bis zu 18 Meter hohe Verglasung von Bauhaus-Künstler Josef Albers ist ein Kunstwerk der Moderne.

Eine Reise durch 3000 Jahre Kunst– und Kulturgeschichte

1927 fand im noch unfertigen Museum die Ausstellung „Europäisches Kunstgewerbe“ statt – als Antwort auf die Pariser „Exposition internationale des arts décoratifs et industriels modernes“ zwei Jahre zuvor, an der Deutschland nicht teilnahm. Heute umfasst die Sammlung mehr als 200.000 Exponate des Kunsthandwerks aus aller Welt. In der ständigen Ausstellung mit den Schwerpunkten Art déco, Bauhaus und Jugendstil können Besucherinnen und Besucher einen Ausflug durch die Kunst- und Kulturgeschichte unternehmen. Von der Antike bis zur Gegenwart.

Sonderausstellungen und Schauspiel

Hinzu kommen im Jubiläumsjahr noch Sonderausstellungen wie „A Chair And You“ mit rund 140 Stühlen aus der Privatsammlung des Genfer Unternehmers Thierry Barbier-Mueller. Der US-Regisseur und Künstler Robert Wilson hat für die teils expressiven Sitzmöbel eine „Oper“ in vier Akten konzipiert, die szenografisch die Geschichte des Designs von den 1960er-Jahren bis heute erzählt. Ebenfalls noch bis 6. Oktober 2024 zu sehen: die Ausstellung „Beflügelndes Fieber“, die deutschen Jugendstil und französisches Art Nouveau zelebriert. Viele der 350 Objekte aus einer Schenkung an das Museum wurden selten oder noch nie der Öffentlichkeit gezeigt.

In den begrünten Innenhöfen und im beliebten Rehgarten mit seiner Art-déco-Plastik von Paul Berger finden außerdem Feste und Veranstaltungen statt. So ist vom 15.8. bis 26.9.2024 etwa das Schauspiel Leipzig mit der Vampirgeschichte „Nosferatu“ zu Gast, einem Theaterstück nach F. W. Murnaus gleichnamigem Stummfilm von 1922. Eine weitere Referenz an die wilden 20er-Jahre, die Kunst, Kultur und das Leben in Deutschland auf den Kopf stellten.

Grassi-Jubiläum: Im Sommer nach Leipzig
Die Pfeilerhalle aus dem Jahr 1925 wurde 2010 vollständig rekonstruiert. Foto: Felix Bielmeier
Grassi-Jubiläum: Im Sommer nach Leipzig
Die Dachbekrönung aus einer Kupferlegierung heißt im Volksmund „Goldene Ananas“. Foto: Helga Schulze-Brinkop
Grassi-Jubiläum: Im Sommer nach Leipzig
Der Bau von 1925 verbindet Elemente des Art déco mit Neuer Sachlichkeit. Foto: Esther Hoyer
Grassi-Jubiläum: Im Sommer nach Leipzig
Die Ausstellung „A Chair And You“ zum 150-jährigen Museumsjubiläum. Foto: Foto: Felix Bielmeier
Grassi-Jubiläum: Im Sommer nach Leipzig
Museumsdirektor Dr. Olaf Thormann (li.) mit Robert Wilson, der „A Chair And You“ inszeniert hat. Foto: Esther Hoyer

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