„Ich habe angefangen darauf zu hören, was in mir lodert, ohne die Kerze doch wieder auszupusten.“ Mir sitzt eine junge, kreative Frau gegenüber, die nach einigen Umwegen den Mut gefasst hat, ihre Berufung als Floral Artist zu leben. Obwohl sich Valentina de Pasquale schon immer für Blumen interessierte, hat sie dieser Passion nur wenig Raum gegeben. „Mach lieber was Gescheites“, dachte sie sich, studierte stattdessen Kommunikationsmanagement in Passau und Stuttgart und arbeitete in der Industrie, zuletzt für Daimler. „Meine Freunde haben es schon lange gesehen, aber ich habe gar nicht registriert, dass Blumen mich ausgleichen und mir Lebensfreude schenken.“
Dann kam Corona – und der Umbruch. Kurzarbeit war angesagt, und sie hatte Zeit, sich kreativ auszuleben. „Ich verschaffte mir Zugang zum Großmarkt und hab angefangen für Freunde Blumensträuße zu binden, die ich auf Instagram postete.“ Binnen kürzester Zeit stieg die Nachfrage auf bis zu 50 Sträuße pro Woche.
Durch ihre Erfahrungen im Bereich Branding, Set Design und Creative Direction fing sie parallel an, eigene Konzepte zu erarbeiten und Kampagnen mit Kreativen aus ihrem Netzwerk umzusetzen, um sich ein Portfolio aufzubauen. Am Ende der Kurzarbeitsphase stand fest: „Ich gehe nicht zurück.“ Und Studio de Pasquale war geboren. Sie belegte einen Kurs an der London Flower School, „das Harvard der Blumen“, wie sie die renommierte Schule nennt, um ihr Wissen und ihre Fähigkeiten zu vertiefen. „Ich arbeitete bislang rein intuitiv oder über Learning by Doing. Blumen haben eine eigene Sprache.
Man kann durch sie kommunizieren und Emotionen auslösen.“ Der erste Job ließ nicht lange auf sich warten, ein Werbefilm für Monkey 47, daraufhin kam BMW auf sie zu. Heute, nur knapp drei Jahre später, zählen Vogue, Porsche, Edra und die Mailänder Fashion Week zu ihren Kunden. „Ich habe viel Kaltakquise betrieben und mich durchgeboxt. Eigenpromotion und -initiative sind das A und O.
Man merkt allerdings auch, dass der Fokus nicht mehr so sehr darauf liegt, wie viele Follower ich auf Instagram habe, sondern dass die Qualität und das Können im Vordergrund stehen.“ Sie lässt sich von den unterschiedlichsten Menschen inspirieren, von der Kunst, Mode und dem Interior Design. „Ich versuche mich nicht zu vergleichen oder andere nachzuahmen.“ Erst kürzlich wurde sie zum zweiten Mal für zwei Jobs auf der Mailänder Fashion Week gebucht, unter anderem als Assistentin für Ruby Barber von Studio Mary Lennox. „Ein Traum hat sich erfüllt, aber mit Tücken“, gibt de Pasquale zu. „Der Umgang hinter den Kulissen ist rau, die Arbeitsstunden kennen kein Ende, sehr viel Zeitdruck, alle unter Strom.
Und letztendlich dankt dir keiner etwas.“ Dennoch möchte sie diese Erfahrung nicht missen. Das nächste Projekt steht schon in der Pipeline: ein Botanical Set Design für einen deutschen Möbelhersteller auf dem Salone del Mobile in Mailand. „Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo die Anfragen von allein reinflattern.“ Eine Kampagne für Prada wäre die Krönung. |ag