Vom Fleur de sel bis zur einfachen Speisewürze: Im Süden Frankreichs entsteht ein besonderes Kochsalz – nach jahrtausendealten Verfahren.
Bereits die alten Römer gewannen Salz in der Camargue. Die Sumpflandschaft im Mündungsbereich der Rhône bot ideale Voraussetzungen dafür: Meerwasser aus dem Mittelmeer verdunstet in großen Salzseen. Der stetige Mistralwind von April bis Mai begünstigt den Prozess. Im Hochsommer, wenn der Wind nachlässt, steigen die Temperaturen über 40 Grad. Jetzt blüht das Salz an der Oberfläche aus – zu feinen Kristallen von ungleichmäßiger Struktur. Als „Salzblume“, französisch Fleur de sel, wird diese Spezialität von Gourmets auf der ganzen Welt geschätzt.
Salzernte wie vor 2000 Jahren
Auf den Feldern von Aigues-Mortes ernten Salzgärtner, die sogenannten „Sauniers“, das Fleur de sel von Hand wie vor 2000 Jahren. Sie schöpfen die Kristalle im Morgengrauen ab und legen sie auf Tragen zur weiteren Trocknung. Die Becken, in denen sie dabei stehen, leuchten in auffälliger roter Farbe – ein Produkt der Mikroalge Dunaliella Salina, die im hoch konzentrierten Salzwasser gedeiht. Ihr Organismus erzeugt Beta-Carotin, um sich vor allzu starker UV-Strahlung zu schützen. Krebstiere und vor Ort lebende Flamingos nehmen das Algen-Pigment mit der Nahrung auf, was ihnen eine charakteristische orangerote Farbe verleiht.
Sobald das Wasser in den Becken eine gewisse Salzkonzentration erreicht hat, lenken die Arbeiter es um in Kristallisationsteiche, wo es weiter verdunstet und nach Monaten am Boden eine zehn Zentimeter dicke Schicht hinterlässt. Der sogenannte Salzkuchen wird dann im September geerntet und als grob oder fein gemahlenes Speisesalz in den Handel gebracht. Die Franzosen verwenden es unter der Marke „La Baleine“ seit 90 Jahren. Das exklusivere Manufakturprodukt Fleur du sel aus derselben Erzeugergemeinschaft trägt den Namen „Le Saunier de Camargue“.
Speisesalz aus dem Naturschutzgebiet
Beiden gemein ist der Ursprung in einem Naturschutzgebiet mit großer Artenvielfalt. Die Salzgärten sind Teil des 1970 gegründeten Nationalparks Camargue, der sich über mehr als 100.000 Hektar erstreckt. Über ein Viertel aller in Europa lebenden Flamingos sind hier anzutreffen, zahllose salzliebende Pflanzen, rosa Salinenkrebse und bis zu 800 Brutpaare des Säbelschnäblers jedes Jahr. Die Salinen von Aigues-Mortes machen 6294 Hektar dieses Ökosystems aus. Und selbst wenn die weithin sichtbaren Salzberge nicht unbedingt den Eindruck erwecken: Mit Speisesalz aus der Region kommt auch eine Prise gelebter Nachhaltigkeit auf den Teller.