Clovis Rétif, französischer Künstler und Designer, verwandelt Alltagsgegenstände in Reliquien. Eine Auswahl seiner Werke ist nun in Paris zu sehen.
Die Ausstellung im 11. Arrondissement währt nur drei Tage: Vom 3. bis 5. Oktober 2024 sind Werke von Clovis Rétif in der Galerie Au Roi zu sehen. Unter dem Titel „Terra Mater“ zeigt der Künstler einen Querschnitt seiner Arbeit, der von Zeichnungen über Töpferei bis zur Möbel-Installation reicht.
Clovis Rétif: vom Industriedesign zur Malerei
Das Spektrum spiegelt seinen Werdegang wider. Nach Abschlüssen in Industriedesign und Innenarchitektur wandte sich Rétif zunächst dem Zeichnen zu. Für seine erste Serie „Solitude contemporaine“ (Zeitgenössische Einsamkeit) hielt er Alltagsobjekte wie Wasserhähne, Duschköpfe oder Waschbecken mit Bleistiften auf Bristol-Papier fest; die Chromoberflächen spiegelnd und detailversessen, von einer fast hyperrealistischen Qualität. Es folgten Atelier-Ansichten und Stillleben wie Töpfe, Gläser und Kanister („Des Pots“), die er bei einem Antiquitätenhändler in Montreal entdeckte. In der kanadischen Metropole fand 2018 auch seine erste Einzelausstellung statt.
Nach Paris zurückgekehrt, lieferten weggeworfene Objekte von der Straße den Stoff für seine zweite Ausstellung „Série / Hors-Série“. Nach und nach zog Farbe in die Werke ein, Zeichnungen aus Pastellkreide bekamen Züge von Malerei. Heute dienen dem Künstler alle möglichen Gegenstände als Leinwand. Typisch: seine bemalten Stühle und Töpferwaren oder Vintage-Kleidung, die er mit fein ziselierten Motiven versieht. Die Themen sind vielfältig, aber Clovis Rétif versucht immer, eine Geschichte zu erzählen, sei es mit historischen Figuren oder eigenen, fiktiven Charakteren.
Terra Mater: eine Ausstellung in drei Etappen
Die Einzelausstellung in der Galerie Au Roi führt durch drei Stationen: Haus, Galerie und Atelier. Im ersten Raum mit dem Titel „Das Haus“ erwartet Besucher ein Bücherregal mit Werken des Künstlers. In der Mitte steht ein großer, gedeckter Esstisch. Jedes Stück darauf wurde vom Künstler handgefertigt. Eine lange Leinentischdecke bedeckt die Tafel und führt weiter zur Wand, wo ein Porträt von Rétifs Mutter über die alltäglich ungewöhnliche Szenerie wacht.
Durch Bögen gelangt man in die „Galerie“, wo vier große Kohlezeichnungen hängen, jede 2,30 Meter hoch, begleitet von vier mittelgroßen Arbeiten. In der Mitte des Raumes fließen ein Dutzend Vorhänge aus Stoffen und Papierbahnen von der Decke herab. Sie sind ebenfalls bemalt und verleihen dem Ganzen eine geheimnisvolle Atmosphäre. Im dritten Raum ist das Atelier des Künstlers nachgebildet, mit einer neun Meter langen Wand, an der sich Skizzen und Inspirationsquellen aneinanderreihen. Vom Künstler entworfene Stühle und emaillierte Vasen, die in Zusammenarbeit mit der Poterie Ravel entstanden sind, vervollständigen das kreative Archiv.
Cocktail Club: die Bar in der Galerie
Um alle Sinne anzusprechen, gibt es eine Bar, die vom Experimental Cocktail Club Paris betrieben wird. Sie schenkt Drinks aus, die in Kooperation mit dem Künstler entstanden sind – damit Farben und Aromen den Charakter der Ausstellung widerspiegeln. Das Ganze lässt sich durchaus als Gesamtkunstwerk betrachten. Es ist ja auch ein Profi am Werk: Clovis Rétif hat nicht nur in Paris, Brüssel, Montreal und New York ausgestellt, er arbeitete in seiner Laufbahn auch mit namhaften Luxusmarken wie Hermès, Louis Vuitton, Trudon oder Manolo Blahnik zusammen.
