Eine besondere Einrichtungsmarke feiert Jubiläum – und die Stockholmer Kunsthalle Liljevalchs hat die Ausstellung dazu. Absolut sehenswert.
Mit der Ausstellung „Eine Philosophie des Zuhauses“ (A Philosophy of Home) kehrt Svenskt Tenn dorthin zurück, wo alles angefangen hat: in die Stockholmer Kunsthalle Liljevalchs. Hier auf der Insel Djurgården stellte der Architekt und Designer Josef Frank 1934 einen seiner ersten Entwürfe für das schwedische Einrichtungshaus vor – ein breites und bequemes Sofa mit Blumenmuster, das unter dem Namen „Liljevalchs-Sofa“ in die Geschichte eingehen sollte. Svenskt Tenn produziert es bis heute, als einen von fast 2000 Entwürfen, die Frank bis zu seinem Tod 1967 für die Firma anfertigte.
Gegründet 1924 als Zinngeschäft
Bei Franks Einstieg war Svenskt Tenn bereits zehn Jahre alt. Estrid Ericson, eine talentierte Zeichenlehrerin aus Västergötland, hatte das Geschäft 1924 zusammen mit dem Zinnkünstler Nils Fougstedt gegründet. Vor allem, um Objekte aus dem grauen oder silberweiß glänzenden Metall zu verkaufen. Darauf spielt auch der Name an: Svenskt Tenn bedeutet „Schwedisches Zinn“.
Es folgten Einrichtungsgegenstände und Möbel im Stil des damals vorherrschenden Funktionalismus. Der Künstler und Hausdesigner Björn Trägårdh etwa sorgte 1932 mit dem kantigen Sessel „3665“ für Aufsehen. Bis Josef Frank die Bühne betrat. Der jüdische Architekt und Mitbegründer des Wiener Werkbundes war 1933 mit seiner schwedischen Frau aus Österreich emigriert. Estrid Ericson verpflichtete ihn für erste Entwürfe und gemeinsam entwickelten die beiden eine farbenfrohe, eklektizistische Vision des Modernismus, die bis heute einzigartig ist.
Die bunte, verrückte Welt des Josef Frank
Franks erstes Stoffmuster „Anakreon“ lehnte sich an ein 3500 Jahre altes Fresko aus dem Palast von Knossos auf Kreta an. Auf „Rox & Fix“ ziehen grafische Bergpanoramen die Blicke an. Anderswo tummeln sich Fische, Muscheln und Oktopusse. Blumen und Gemüsepflanzen ranken in wilden Windungen über den Rapport. Ja sogar den Stadtplan von Manhattan verwandelte Frank in Dekor. Zu einer Zeit, in der strenge Möbel den skandinavischen Markt beherrschten, stellte er sich bewusst gegen den Zeitgeschmack, den er als „Schwedische Langeweile“ bezeichnete.
Die Ausstellung in Liljevalchs feiert das 100-jährige Firmenjubiläum auf besondere Weise. Sie präsentiert Svenskt Tenn in 13 Räumen. Jeder davon steht für ein bestimmtes Kapitel der Unternehmensgeschichte – von Zinnentwürfen aus den 1920er-Jahren über Tischdekorationen, Textilien und Möbel bis zu Interieurs und zeitgenössischen Interpretationen der Firmenphilosophie, die in dieser Form noch nie zu sehen waren. Die Stockholmer Wohnzimmer von Estrid Ericson und Josef Frank haben die Kuratoren dafür ebenso nachgebaut wie eine komplette Einrichtung für den schwedischen Konsul in São Paulo aus den 1950ern.
Qualität und Nachhaltigkeit als Markenkern
Svenskt Tenn ist heute ein Gesamtkunstwerk, was sich auch im Geschäftsmodell ausdrückt: Das Designunternehmen muss nicht rein gewinnorientiert arbeiten wie andere Labels. Die Gründerin hat es einige Jahre vor ihrem Tod 1981 an eine Stiftung übergeben. Umsatzerlöse werden seither an Forschungsprojekte gespendet. Die Kjell & Märta Beijer Foundation stellt außerdem sicher, dass die Kernziele der Firma gewahrt bleiben: Nachhaltigkeit, Langlebigkeit und Qualität.
Die Handwerkskunst war dabei schon immer ein Anliegen. In der Ausstellung sind deshalb auch Beispiele aus der Produktion zu sehen: Glasbläserei, das Biegen von Rohren und die Polsterung sowie Stoffdruck und die Herstellung von Teppichen. Ein Muss für alle Design-Interessierten, die in diesem Winter nach Stockholm kommen.
Svenskt Tenn: A Philosophy of Home
Liljevalchs Konsthall, Stockholm, Djurgården
27. September 2024 bis –12. Januar 2025
Täglich geöffnet von 11 bis 17 Uhr
Montags freier Eintritt